Die geschundenen Menschen in Palästina – vergessen wir sie nicht!

emn. Können wir uns das wirklich vorstellen, wie es ist, in einem Land zu leben, in dem nichts mehr funktioniert, in dem sich jeder um das tägliche Überleben sorgen muß? Seit Monaten ist der Gaza-Streifen wieder besetzt, werden Häuser, Straßen, Schulen, Krankenhäuser, Wasserleitungen zerstört. Das einzige Elektrizitätswerk wurde vor Monaten bombardiert, so dass die Stromversorgung und damit die Wasserversorgung nur noch stundenweise möglich ist. Das bedeutet täglich: Wo bekomme ich sauberes Trinkwasser her (im Krankenhaus in Beit Hanoun, das täglich 50000 Liter Wasser bräuchte und das in den letzten Wochen zusätzlich zu den schwer verletzten Patienten noch viele Menschen aufgenommen hat, die vor den Bombenangriffen geflohen sind, gibt es nur noch 15000 Liter in der Woche!), was mache ich, wenn meine Kinder vor Durst und Hunger schreien?

Täglich sterben Kinder: an Unterernährung, an den Folgen der Bombardierungen (die Krankenwagen kommen nicht zu den Verletzten, weil sie von israelischen Soldaten aufgehalten werden, die Straßen zerstört sind und sogar auf Rotkreuzfahrzeuge scharf geschossen wird). Die Nächte sind nicht zum Erholen da, weil jede Nacht Tiefflieger über das Gebiet fliegen, Überschallknalls zerstören die Trommelfelle, Heulgranaten lassen die Kinder angsterfüllt an die Eltern kauern.
Den Menschen wird tagtäglich ihre Würde genommen, weil sie unter unzumutbaren, lebensgefährlichen Bedingungen leben müssen, sie keinerlei Möglichkeit haben, sich selbst zu versorgen und zu arbeiten. Ihre Felder und Olivenhaine werden zerstört, sie müssen entwürdigende, schikanöse Prozeduren über sich ergehen lassen, wenn sie sich fortbewegen wollen. Ein Mann, der festgenommen wurde, wurde einige Stunden später wieder freigelassen, wollte nach Hause laufen – aber leider war Ausgangssperre verhängt, so dass Soldaten ihn erschossen haben.

Der ganze Gazastreifen – ein riesiges Gefängnis, das beschossen und ausgeblutet wird. Um das Westjordanland – eine riesige, scharf bewachte Mauer, mitten durch die palästinensischen Gebiete, die der Berliner Mauer Hohn spricht (Haben wir das damals nicht angeprangert und alles daran gesetzt, dass die Mauer fällt?) Hunderte von Toten, die allermeisten Zivilisten, Frauen und Kinder – das erschütternde Bild einer toten Mutter, deren zwei tote Kinder auf ihrem Bauch lagen, lässt einen nicht mehr ruhig schlafen.

Muß man dann in einem Artikel wie diesem schreiben, dass man selbstverständlich nicht das israelische Volk anprangert, sondern die israelische Regierung und ihre Helfershelfer? Nehmen wir in unserer Sorge, uns ja nicht dem Vorwurf des Antisemitismus auszusetzen, wahr, was für ein tägliches, schon Jahrzehnte währendes Unrecht den Palästinensern angetan wird? Mehr als das – ihnen werden die elementarsten Menschenrechte verweigert: das Recht auf Leben, auf ein selbstbestimmtes Leben, das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser, zu Nahrung, das Recht auf Schonung ihrer Infrastruktur, das Recht auf Beistand der Völkergemeinschaft.

Resolutionen des UNO-Menschenrechtsrates, in denen auf die schwerwiegenden, anhaltenden Menschenrechtsverletzungen an den Palästinensern durch die israelische Regierung und Armee hingewiesen und ein Stopp gefordert wird, werden von den europäischen Staaten abgelehnt oder sie enthalten sich – ist das nicht ein Skandal?

Wir Bürger, die das Glück haben, in einem Land zu leben, in dem wir nicht diesen Peinigungen ausgesetzt sind, können etwas für diese Menschen tun: Wir können unsere Stimme erheben, den Menschen dort eine Stimme geben, wir können von unseren Politikern ein eindeutiges und rasches Handeln einfordern, wir können den Menschen humanitär helfen. Kinder helfen auch spontan mit, wenn wir ihre Herzen erreichen: Sie können z.B. Spenden sammeln durch den Verkauf von selbst Gebackenem, Gebasteltem. Weiten wir unsere Herzen – nicht nur in der Vorweihnachtszeit, aber auch da.

Quelle: Für die Familie e.V. Infobrief 7, Dezember 2006