«Wir sorgen für mehr Kinderkrippen, Horte, Tagesmütter,
Ganztagsschulen und andere Möglichkeiten familienexterner Kinderbetreuung!»
Mit diesem Versprechen wird seit einigen Jahren in Wahlkampagnen und Parteiprogrammen
verschiedenster Couleur um Wähler und vor allem Wählerinnen gebuhlt,
unterstützt von zahlreichen Medienerzeugnissen, die die Notwendigkeit
dieser Einrichtungen untermalen. Solche Einhelligkeit macht stutzig und
wirft die Frage nach dahinterstehenden politischen Strategien auf.
Bereits 1992 hat der Rat der Europäischen Gemeinschaften eine
«Empfehlung zur Kinderbetreuung» verabschiedet, gemäss
der für 6 bis 10% der Kinder unter drei Jahren ganztägige Betreuungsplätze
und für 50% der dreijährigen Kinder (d.h. Kinder zwischen dem
2. und 3. Geburtstag) Krippenangebote bereitgestellt werden sollen. Die
Mitgliedstaaten der EU wurden aufgefordert, innerhalb von drei Jahren über
die Massnahmen zu berichten, die sie zur Verwirklichung dieser Empfehlungen
getroffen haben. Obwohl das Dokument rechtlich (noch) nicht verbindlich
war, war es der Startschuss für viele Politiker unterschiedlicher
politischer Prägung, und entsprechende Forderungen wurden seither
in familien- und bildungspolitische Parteiprogramme aufgenommen.
So finden wir in der Koalitionsvereinbarung SPD/Die Grünen die
Forderung nach Krippenplätzen für alle Kinder. Auch in der Schweiz
als Nicht-EU-Staat(!) wird an entsprechenden Projekten gearbeitet. Die
FDP-Frauen der Schweiz forderten an ihrer Parteiversammlung im Frühjahr
1999 Blockzeiten und den Ausbau von Tagesschulen (als ersten Schritt zur
Ausweitung ausserfamiliärer Kinderbetreuung?). In die gleiche Kategorie
einzuordnen sind auch von Wirtschaftsprofessoren ausgearbeitete Schulmodelle.
Die Realisierung dieser Programme wird seither Schritt um Schritt vorangetrieben.
Soll die Schweiz auch in diesem Bereich Europa-kompatibel gemacht werden?
Weltweit sind seit der Frauenkonferenz in Peking (1995) Interessensgruppen
daran, Gleichstellungsforderungen durchzusetzen, die einen massiven Angriff
auf die traditionellen familiären Beziehungen beinhalten (dabei berufen
sie sich auf Modelle staatlicher Kindererziehung, wie wir sie aus den ehemaligen
Ostblockländern und in den Kibbuzeinrichtungen in Israel kennen).
Verbinden sich auch hier die Interessen der Sozialistischen Internationale
und radikaler Feministinnen mit denen der Global Players? Sollen Kinder
möglichst früh aus der Familie genommen, den ideologisierten
staatlichen Kollektiveinrichtungen zugeführt und die Frauen gezwungen
werden, sich im Wirtschaftsprozess zu integrieren?
Begründet werden die erwähnten Forderungen meist als Ausdruck
«familienfreundlicher Politik». Der Beweis für diese Behauptung
wurde nie erbracht! Im Gegenteil: Offensichtlich wurden die warnenden Rufe
von Experten ausserfamiliärer Kinderbetreuung – bewusst? – überhört,
die vor einem radikalen Wechsel von einer gewachsenen, schützenswerten
Kultur familiärer Kleinstkindererziehung in Richtung auf das Krippensystem
des untergegangenen SED-Staates DDR warnten. Und gerade aus diesen Ländern
gibt es heute eine Vielzahl von Forschungsergebnissen und unwiderrufliche
Erfahrungswerte aus Kinderbetreuungseinrichtungen, mit denen vergleichbar,
wie sie bei uns gefordert werden. Die im folgenden dargestellten Erkenntnisse
sollen deshalb zum Nachdenken anregen und eine ernsthafte Diskussion initiieren.
Denn wir sind es uns und unseren Kindern schuldig zu reflektieren, bevor
wir handeln!
Kinderbetreuung als Ausdruck ideologischer Verblendung
Die Kinderbetreuungspolitik in den ehemaligen Ostblockstaaten war integraler
Bestandteil der marxistisch-leninistischen Ideologie, nach der sich in
der Familie die Sklavenhaltergesellschaft widerspiegle, mit dem Mann als
Sklavenhalter und Frauen und Kindern als Sklaven. Privateigentum und die
Klassengesellschaft seien aus der bürgerlichen Kleinfamilie hervorgegangen
und verantwortlich für soziale Missstände innerhalb der bestehenden
Gesellschaft. Bei der Verwirklichung der sogenannt klassenlosen Gesellschaft
müssten deshalb Ehe und Familie abgeschafft und die Erziehung der
Kinder in die Hände des Staates gelegt werden. Die Frauen mussten
– so das «rote Büchlein» – aus ihren emotionalen Bindungen
an Mann und Kind herausgelöst und in gleicher Weise wie der Mann in
den Produktionsprozess eingebunden werden; dies war und ist Frauenemanzipation
in marxistisch-leninistischem Sinne.
In den sozialistischen Staaten des ehemaligen Ostblocks wurden die
Kinder deshalb bereits kurz nach ihrer Geburt aus der Obhut ihrer Mütter
genommen und ganztägig in staatlichen Kinderkrippen untergebracht.
Zwar erhielten sie dort ausreichend Nahrung und Pflege, aber es fehlte
ihnen eine sichere Bindung an ihre Mütter (oder eine andere verlässliche
Beziehungsperson). Die verheerenden Auswirkungen dieser fehlgeleiteten
Familienpolitik wurden leider erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs
öffentlich. Und es lässt sich erst im nachhinein erahnen, wieviel
Leid diese verfehlte Politik über die Bürger jener Länder
gebracht hat.
Gerade bei Kindern, die die wichtigsten Jahre ihres Lebens ohne feste
Bezugspersonen verbringen mussten, die in einer vertrauensvollen Beziehung
zu ihm stehen und gefühlsmässig richtig und prompt auf sie eingehen,
konnte unwiderlegbar nachgewiesen werden, wie verheerend sich dies auswirken
kann. Es zeigten sich alarmierende psychische Fehlentwicklungen, die eindeutig
auf eine fehlende warmherzige Bindung an eine konstante Beziehungsperson
und einen Mangel an gefühlsmässiger Zuwendung zurückgeführt
werden mussten. In den kinderpsychiatrischen Institutionen dieser Länder
war man mit den Folgen dieser Entwicklung konfrontiert.
Die heute erwachsenen Opfer jedoch – oftmals innerlich geschwächte
Persönlichkeiten ohne soziale Verbundenheit und einem fehlenden natürlichen
Gefühl für die eigene und anderer Menschen Würde – bestimmen
heute das politische Geschick und die gesellschaftliche Entwicklung jener
Länder mit.
Es ist das Verdienst des tschechischen Kinderarztes Zdenek Matejcek,
bereits Ende der 70er Jahre in seinem Standardwerk «Psychische Deprivation
im Kindesalter – Kinder ohne Liebe» auf die erschütternden Befunde
aus diesen Kinderaufbewahrungsanstalten aufmerksam gemacht zu haben. Bekannt
wurde auch sein Film «Kinder ohne Liebe» zur gleichen Thematik,
den man bezeichnenderweise vorerst totzuschweigen versuchte, was dann allerdings
nicht mehr möglich war, nachdem der Film in Italien mit einem Filmpreis
ausgezeichnet worden war. Dies ist ein deutlicher Hinweis auf die Brisanz
seiner Befunde. Sowohl sein Buch als auch der Film müssten heute zu
den obligatorischen Lerninhalten in der Ausbildung zum Psychologen, Kinderarzt,
Sozialpädagogen, zur Kindergärtnerin und zum Lehrer gehören!
«Vergessene» Untersuchungen
Die Untersuchungen Matejceks und anderer können eingereiht werden
in die Tradition entwicklungspsychologischer Forschung, im speziellen der
Bindungsforschung, welche die Bedeutung der Mutter-Kind-Beziehung für
eine gutes Gedeihen eines Kindes aufzeigten. In sorgfältigen Untersuchungen
bewiesen René A. Spitz, John Bowlby, Mary D. Ainsworth und andere,
dass die Bejahung und feinfühlige Zuwendung dem Kind Zuversicht und
Geborgenheit gibt. Man weiss daher heute, dass die familiäre Umgebung
einem Kind die besten Möglichkeiten erschliesst, sich das nötige
Urvertrauen anzueignen, das es braucht, um seine Umwelt mutig zu erkunden
und sich sicher die für das Zusammenleben notwendigen Fertigkeiten
anzueignen.
Die Untersuchungen Matejceks und seiner Kollegen schliessen direkt
an diese Ergebnisse an und zeigen aus anderer Perspektive, welche zentrale
Bedeutung der Familie als ganzes und jedem Familienmitglied auf natürliche
und unmittelbare Weise bei der Erfüllung lebenswichtiger Bedürfnisse
in der körperlichen, gefühlsmässigen, intellektuellen und
moralischen Entwicklung eines Kindes zukommt. Matejcek hatte mit seinen
Kollegen gründliche Untersuchungen an Kindern gemacht, die einen grossen
Teil des Tages in kollektiven Erziehungseinrichtungen der ehemaligen Tschechoslowakei
verbringen mussten. Bei einem grossen Anteil der Kinder mussten sie feststellen,
dass sie in ihrer gefühlsmässigen und geistigen Entwicklung verzögert
waren und in ihrem sozialen Umfeld in verschiedener Weise negativ auffielen.
Nebst diesen emotionalen und sozialen Störungen war auch eine erhöhte
Krankheitsanfälligkeit bei ihnen festzustellen. Seine Untersuchungen
zeigten auch, welche tragischen Folgen es haben kann, wenn ein gefühlsmässig
warmes Familienklima fehlt, wie es sich auswirken kann, wenn einzelne Familienmitglieder
nicht anwesend sind, die familiäre Stimmung durch wirtschaftliche
Not geprägt ist oder dem Kind wenig geistige Anregung bietet. Neben
diesen durch äussere Umstände bedingten Erschwernissen in der
kindlichen Entwicklung konnte zudem herausgearbeitet werden, was geschieht,
wenn die Erzieher durch eine innere psychische Schranke (z.B. durch Ablehnung
der elterlichen Aufgaben, Depressionen oder andere psychische Erkrankungen)
seelisch abwesend und damit für ein Kind nicht erreichbar sind. Die
negativen Folgen in der Persönlichkeit eines Kindes oder Jugendlichen
fassten die Forscher unter dem Begriff psychische Deprivation zusammen.
Matejceks Untersuchungen zogen glücklicherweise einige Verbesserungen
in den Betreuungskonzepten dieser Einrichtungen nach sich (z.B. die Verbesserung
des Zahlenverhältnisses zwischen Kindern und Betreuern), und durch
nachfolgende Untersuchungen konnten die Befunde weiter ausdifferenziert
werden. Eine freie und breitere Diskussion kam aber erst nach dem Fall
der Mauer in Gang. Von Kinderärzten wurde nun auf die Bedeutung einer
liebenden und beschützenden Bezugsperson für die Entwicklung
von Kindern hingewiesen und auf die Folgen des dadurch bedingten Geborgenheitsverlustes
– Verhaltensstörungen, Bindungsschwäche, durch Resignation bewirkte
Passivität, negative Auswirkungen auf die Sprachentwicklung, Störungen
im Wohlbefinden und gehäufte Erkrankungen, die die Entwicklung von
Kindern behindern – hingewiesen. Es wurde auch darauf verwiesen, dass nicht
nur die damaligen Kinder gelitten hatten, sondern diese nun auch als Elterngeneration
versagten und ihre Fehlhaltungen und -einstellungen durch einen geduldigen
Rehabilitationsprozess beseitigt werden mussten.
Andere Fachleute verwiesen auf Zusammenhänge zwischen kollektiver
Krippenerziehung und grösserer Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen.
Vor allem wurde nun auch offengelegt, dass der flächendeckenden, ausserfamiliären
Kinderbetreuung nicht das Wohl des einzelnen Kindes, sondern eine menschenverachtende
Ideologie zugrunde gelegen hatte, die eine kollektive Kindererziehung wollte
und daher alle Negativfolgen als korrigierbar ansah oder gänzlich
ignorierte. Es gab leider aber auch sowohl diesseits wie auch jenseits
des ehemaligen Eisernen Vorhangs Kräfte, die ungehindert der gemachten
Erfahrungen den kollektiven Kindereinrichtungen nur positive Seiten abgewinnen
wollten und für deren Weiterführung plädierten oder sie
als Modelle für den Westen übernehmen wollten. Wozu sollen nun
auch noch andere Kinder diese leidvollen Erfahrungen machen müssen?
Es ist ein moralisches Muss für jeden, der die Einrichtung kollektiver
Kinderbetreuungseinrichtungen mit vorantreibt, innezuhalten und diese Untersuchungen
genau zu studieren, bevor er weiterschreitet!
Wenn Mütter nicht mehr Mütter sein wollen . . .
Heute stehen wir vor der Situation, dass in vielen Familien die Forderung
nach quotengeregelter Arbeit in und ausserhalb des Hauses zum Streitpunkt
wird. Teilzeitjobs für Frauen und Männer werden zum Muss und
verfassungsmässig als tatsächliche Gleichstellung verankert.
Das Problem ist nicht, dass sich Frauen vermehrt dem Beruf zuwenden und
Männer Zeit für ihre Kinder haben möchten. Entscheidend
ist vielmehr ein seit der 68er-Bewegung zu beobachtender Wertebruch, der
bei vielen Frauen eine innere Abwertung der Rolle als Mutter zur Folge
hatte. Bei einer solchen Gefühlslage wird die Erziehung der Kinder
zum Nebenjob, die Kinder werden «verwaltet». Dass dies nicht
ohne Folgen für die Entwicklung von Kindern sein kann, ist nicht von
der Hand zu weisen.
Matejcek und seine Kollegen haben auch wichtige Grundlagenarbeit geleistet.
Sie untersuchten ebenfalls die Frage, ob und warum Deprivationserscheinungen
bei Familienkindern auftreten können. In einer sorgfältigen Langzeitstudie
verfolgten sie die Entwicklung von Kindern aus ausgesprochen unerwünschten
Schwangerschaften. Viele dieser Kinder wuchsen in Familien auf, die ihre
Aufgabe nicht richtig wahrnahmen und in denen das Kind auf eine innere
Abwehr bei seiner Mutter stiess. Diese Gefühlslage war derjenigen
vergleichbar, wie sie heute in westlichen Ländern bei Müttern
(und Vätern) anzutreffen ist, die aus persönlichen oder gesellschaftlich
bedingten Gefühlslagen im Mutter- und Vatersein keine attraktive,
wünschenswerte Aufgabe mehr sehen. Zwar waren diese Familien äusserlich
oft intakt und unauffällig. Dennoch ergaben sich im Laufe der Entwicklung
bei den Kindern eine Reihe leichter und feiner Symptome und Störungen,
die erst in ihrer Gesamtheit auffällig waren. Matejcek et al. sprachen
deshalb von Subdeprivation als Folge davon, dass diese Kinder während
ihrer Entwicklung auf ein seelisch warmes, stetiges Klima der Akzeptanz
verzichten mussten. Er beschreibt diese Erscheinung als Eisberg, an dessen
Oberfläche nur die schweren Probleme sichtbar würden. Auch wenn
vorerst schwer fassbar und oft verborgen, seien sie real und präsent
und würden dann sichtbar werden, wenn diese Menschen erhöhten
Ansprüchen an die emotionale Reife ausgesetzt seien und in ihre Aufgaben
als Liebes- und Ehepartner und Eltern hineinwachsen sollten. Er weist deshalb
mit aller Dringlichkeit auf die gesellschaftliche Bedeutung dieser Problematik
hin und diskutiert Möglichkeiten der Unterstützung und Abhilfe
für Mütter und Familie. Gerade diese Befunde sollten auch uns
nachdenklich machen, wenn wir von zunehmender Verrohung von Kindern, Suizidgefährdung
und Schulversagen hören und uns nicht scheuen, die Ursachen auch in
möglicher Subdeprivation zu suchen.
Was zu lernen wäre . . .
Es wäre an der Zeit, diese Erfahrungen ernst zu nehmen, wie dies
bereits vor dreissig Jahren der Pädiater Prof. Dr. J. Pechstein in
seinem Vorwort zu Matejceks Werk festgehalten und gehofft hatte, dass dessen
Untersuchungsergebnisse auf reges Interesse in psychologischen und pädagogischen
Berufsfeldern, bei Kinderärzten und Kinderpsychiatern sowie in den
Sozialwissenschaften stossen sollten. Er wünschte sich auch, dass
die dargestellten Ergebnisse möglichst schnell auch von Sozial-, Familien-
und Bildungspolitik aufgenommen würden. Leider war dies nicht der
Fall. Dennoch haben die Ergebnisse ihre Gültigkeit behalten, und die
gründliche Analyse all dieser Befunde gibt uns wertvolle Hinweise
über die Bedeutung einer sicheren Bindung des Kindes an seine ersten
Beziehungspersonen. Sie geben auch ein klares Raster für eine ethisch
vertretbare Familien- und Bildungspolitik, und hier gehören die Verantwortlichen
auch in die Pflicht genommen.
Die Erfahrungen aus dem ehemaligen Ostblock beweisen die eminent grosse
Bedeutung einer sicheren Mutter-Kind-Beziehung und der seelischen Verankerung
des Kindes in seiner Familie. Ohne dieses innere Zuhause fehlt dem Kind
ein seelisches Immunsystem, es ist leichter verführ- und manipulierbar,
weicht vor den Aufgaben des Lebens schneller zurück, wird mutlos und
resigniert oder weicht auf asoziale Formen der Lebensbewältigung aus.
Den Wert dieser Beziehung in Frage zu stellen oder gar zu pathologisieren,
bedeutet, in krasser Weise das traurige Schicksal und die bitteren Erfahrungen
vieler Kinder (und ihrer Eltern) zu übergehen. Werden wider besseres
Wissen die Bedeutung einer verlässlichen Mutter-Kind-Beziehung negiert
und gescheiterte Modelle der Kinderbetreuung propagiert, so müssen
sich die Verantwortlichen die Frage nach dem Warum gefallen lassen. Wirtschaftlicher
und politischer Machtwahn darf nicht auf dem Rücken unserer Kinder
ausgetragen werden.
Echte Kinder- und Familienfreundlichkeit würde ihren Ausdruck
darin finden, die Eltern in ihren Nöten und Problemen bei der Erziehung
ihrer Kinder fachkundig zu unterstützen; bei Vätern und Müttern,
deren einst in gegenseitiger Zuneigung geschlossene Ehe auseinanderzubrechen
droht, das gegenseitige Verstehen zu wecken und damit die Voraussetzung
dafür zu schaffen, was die UN-Charta des Kindes von 1959 zur der Situation
des Kindes und seiner Familie in ihrem Grundsatz 6 festgehalten hat: «Das
Kind bedarf zur vollen und harmonischen Entwicklung seiner Person der Liebe
und des Verständnisses. Es wächst soweit irgend möglich
in der Obhut und der Verantwortung seiner Eltern (…) auf, in zartem Alter
wird das Kind nicht von seiner Mutter getrennt, ausser durch ungewöhnliche
Umstände».
Es wäre deshalb an der Zeit, dass diese Erfahrungen, die vor allem
auch in den kollektiven Kinderbetreuungseinrichtungen der ehemaligen Ostblockländer
gemacht wurden, einem grösseren Kreise bekannt gemacht und Konsequenzen
daraus gezogen würden. Es ist daher sehr zu begrüssen, dass es
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Th. Hellbrügge (em. Professor für Sozialpädiatrie
der Universität München) gelungen ist, prominente Forscher für
ein Internationales Symposium zur Thematik «Kindererziehung in Familie
und Kollektiv» zu gewinnen, an dem die diesbezüglichen Forschungsergebnisse
vorgestellt und diskutiert werden können. •
Literaturliste:
Dunovsky, Jiri, Morbidität von Kindern in Kinderkrippen in der
Tschechoslowakei, in: Der Kinderarzt, 21. Jg. (1990) Nr.8, 1180–1187
Halle, Fannina W., Frauenemanzipation, Bericht aus den Anfängen
des revolutionären Russland, Neuauflage Westberlin 1973 (Original
1932)
Hartmann, Peter, Brutstätten der Gewalt sind eure Kinderkrippen,
in: Weltwoche, Nr.18, 6.5.99
Kalz, Gisela, Die Krippenkinder zurück in die Familien! Offener
Brief einer DDR-Kinderärztin an den Unabhängigen Frauenverband
der DDR, in: Der Kinderarzt, 21. Jg. (1990), Nr.6, 898
Langmeier, J., Matejcek, Z., Psychische Deprivation im Kindesalter.
Kinder ohne Liebe, München, Wien, Baltimore 1977, 86
Matejcek, Z., Begriff der psychischen Subdeprivation, in: Sozialpädiatrie,
10. Jg. (1988), Nr. 7, 495
Matejcek, Z., Neue Ergebnisse der Prager Studien über psychische
Deprivation und Subdeprivation, in: Viertelsjahresschrift für Heilpädagogik
und ihre Nachbargebiete, 66 (1997) 2, 179–191
Matejcek, Z., Dytrych Z., Schüler V., Kinder aus unerwünschter
Schwangerschaft geboren. Longitudinalstudie über 20 Jahre, in: Fedor-Freybergh,
P.G. (Hg.), Pränatale und Perinatale Psychologie und Medizin, Älvsjö
(Schweden) 1987, Saphir, 77–92
Pechstein, Johannes, «Kinderfreundliches Europa»? Wachsamkeit
gegen egaliserende Übergriffe aus Brüssel in die Rechte der Kinder,
in: Der Kinderarzt, 23. Jg. (1992), Nr. 12, 2088
Richter, Joachim, Krippenbetreuung durch die Gesundheitsämter.
Beitrag eines Versuchs zur Vermeidung von Deprivationssyndromen, in: Der
Kinderarzt, 22. Jg. (1991), Nr. 3, 1444 f.
Velkey, Laszlo, Erfahrungen mit der Morbidität der Krippenkinder
in Ungarn, in: Sozialpädiatrie 12. Jg. (1990), Nr. 6, 430–435
Werner, Emmy, Gefährdete Kindheit in der Moderne: Protektive Faktoren,
in: Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete.
Jg. 66, Juni 1997, Heft 2, 192–203
(Rundbrief Nr. 1, "Für die Familie e.V.", Dezember 2000)